Der Dschihadist unserer Zeit lebt häufig im Westen, etwa als Immigrant der zweiten Generation oder in einer anderen, ziemlich säkularen Umgebung, wie z.B. das post-sowjetische Zentralasien. Er verfügt wahrscheinlich nur wenig oder gar nicht über die arabische Sprache und ist kein islamischer Student. Religion und Ideologie werden in erster Linie als nachträgliche Rechtfertigung und Legitimation für Gewaltakte benutzt und könnten durchaus als die Wirkung, und nicht als die Ursache des Dschihadismus bezeichnet werden. Für die, die aktiv werden möchten, geht die Empörung über wahrgenommene Ungerechtigkeit und die Entscheidung, sich im bewaffneten Dschihad zu engagieren, sowohl dem ideologischen Bewusstsein als auch der religiösen Rechtfertigung voraus. Viel wichtiger ist das Narrativ: es stellt die Überzeugung dar, dass ein weltweiter Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit und zwischen wahren Muslimen und Feinden des Islam stattfindet. Die Welt hängt in einer schwankenden Balance, und Helden werden gebraucht. Zwei Schlüsse können gezogen werden: Erstens: es scheint unwahrscheinlich, dass junge Dschihadisten durch Deradikalisations-Programme deradikalisiert werden können. Zweitens: das Verständnis für die Wichtigkeit des Narrativs als einer Ursache für dschihadistischen Terror könnte einen konstruktiveren Weg des Umgangs mit dem Problem nahelegen. Es ist schwer oder sogar unmöglich, gegen eine Religion oder Ideologie zu argumentieren, ohne seine Anhänger abzuschrecken. Ein Narrativ anzugreifen ist leichter. Wenn junge Extremisten sich nach einem inspirierenden Narrativ sehnen, dann sollte ihnen ein entsprechend positives Narrativ angeboten werden, das Aktion und Heroismus ermöglicht, aber keinen Terrorismus beinhaltet.
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